Gemeinsame Stellungnahme zum Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz „Entwurf eines Gesetzes zur zivilrechtlichen Erleichterung des Gebäudebaus (Gebäudetyp-E-Gesetz)“

Bearbeitungsstand: 21.06.2024 16:01

TGA-Repräsentanz Berlin GbR
Bundesindustrieverband Technische Gebäudeausrüstung e. V. (BTGA)
Fachverband Gebäude-Klima e. V. (FGK)
Herstellerverband Raumlufttechnische Geräte e. V. (RLT-Herstellerverband)
VDMA e. V. – Fachverband Allgemeine Lufttechnik (VDMA ALT)

Die Verbände der Technischen Gebäudeausrüstung (TGA) begrüßen das Anliegen des Bundesministeriums für Justiz, das Bauen zu vereinfachen und zu beschleunigen. Innovative planerische Konzepte, die diesem Anliegen dienen, sind im Sinne aller am Bau von Wohn- und Nichtwohngebäuden Beteiligten. Der Gebäudetyp E, bei dem der Buchstabe E für „experimentell“ und für „einfach“ steht, soll dazu beitragen, dass schnell bezahlbarer Wohnraum geschaffen werden kann. Die Diskussionen der vergangenen Monate haben jedoch gezeigt, dass beim Gebäudetyp E der Fokus eher auf „einfach“ liegt – einhergehend mit dem Verzicht auf wichtige Technik.

Neubauten werden heute so errichtet, dass Bewohner vor Lärm geschützt sind und der Energieverbrauch gesenkt wird. Solche luftdichten Gebäude erfordern aber technische Lösungen, um die Menschen in den Räumen mit frischer und gesunder Luft zu versorgen und Schimmelbildung durch unzureichende Lüftung zu vermeiden.

Höchste Standards in den Bereichen „Sicherheit“ und „Gesundheitsschutz“ sind in allen Ge-bäuden unverzichtbar. Die Beschränkung auf eine dichte Hülle wird nicht zur Akzeptanz dieses Gebäudetyps beitragen, vielmehr dessen Nutzung sowie die Innenraumqualität erheblich einschränken. Um eine dauerhafte Nutzung zu gewährleisten und kostenintensive und auf-wendige Nachrüstungen zu vermeiden, sind technische Systeme auch in Gebäuden des Typs E notwendig.


Zu Artikel 1 Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs

Der vorliegende Referentenentwurf wird aus unserer Sicht nicht zu mehr Rechtssicherheit bei-tragen – im Gegenteil. Er führt mit Formulierungen wie „Gebäudebauverträge“ und „fachkundige Unternehmen“ neue, unbestimmte Rechtsbegriffe ins BGB ein und wirft zudem Fragen auf, die im Zweifelsfall vor Gericht geklärt werden müssen:

Wann gelten Unternehmen als „fachkundig“ im Sinne des neuen Kapitels 4? Ist zum Beispiel jedes Immobilienunternehmen automatisch als fachkundig zu betrachten? Gelten Wohneigentümergemeinschaften, die durch einen WEG-Verwalter vertreten werden, als fachkundig?

Wenn Verträge zwischen „fachkundigen Unternehmen“ nur die Planung und Erstellung von Wohngebäuden erfassen, was gilt dann für Bauverträge mit Verbrauchern, Bauträgerkäufe durch Verbraucher und Mietverträge mit Verbrauchern?

Welche Auswirkungen wird der durch das Gebäudetyp-E-Gesetz „modifizierte Mängelbegriff“ bei Gebäudebauverträgen zwischen fachkundigen Unternehmen auf die Planung haben, die einem solchen Vertrag zu Grunde liegt? Zieht der modifizierte Mängelbegriff im Gebäudebauvertrag auch eine Modifikation des Mängelbegriffs im Architekten- und Ingenieurvertrag nach sich?

Wie werden die Abgrenzungsprobleme zwischen „bautechnischen Normungen, die sicherheitstechnische Festlegungen enthalten“ und „bautechnischen Normungen, die reine Ausstattungs- und Komfortmerkmale abbilden“ in der Praxis gelöst, um das mit dieser Abgrenzung einhergehende erhebliche Streitpotenzial zu vermeiden – gerade im Hinblick auf die weitreichenden Folgen?

Welcher Rechtsrahmen ist im Hinblick auf das Prozessrisiko und den Beratungsaufwand für das Abweichen von bautechnischen Normungen vorgesehen?
Wie sieht der Schutz der Bauherren, Planenden und Ausführenden vor den Ansprüchen Dritter (z.B. Mieter oder Käufer) aus, wenn abseits der Normen einfacher gebaut wurde? Es besteht die Gefahr, dass der Schutz von Bauherren oder Bewohnern leidet, insbesondere in den Bereichen „Lärm“, „Lebensmittel Luft“ und „Energieverbrauch“ und dass dadurch kostenintensive Nachrüstungen erforderlich werden.

Wie soll ein Entbinden von Normen und Richtlinien funktionieren, wenn es noch andere Bin-dungen an diese gibt, beispielsweise durch die VOB oder durch Förderrichtlinien?


Anregungen der TGA-Verbände

Das serielle Bauen und Sanieren ist eine zukunftsweisende und besser geeignete Methode als der Gebäudetyp E, um schnell bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Im Vergleich zu traditionellen Bauverfahren wird hierbei auch weniger Fachpersonal benötigt. Diese Bauweise ermöglicht es, Gebäude effizient, kostengünstig und ressourcenschonend zu errichten, zu sanieren und nach Ablauf der Nutzungszeit deren Baustoffe in den Materialfluss zurückzuführen.
Die Grundziele „Sicherheit“, „Gesundheit“ und „Klimaschutz“ sind von großer Bedeutung, ihnen muss auch weiterhin beim Bau von Wohn- und Nichtwohngebäuden entsprochen werden. Sicherheit umfasst dabei Aspekte wie beispielsweise Brandschutz, Standsicherheit und Unfallverhütung. Der Gesundheitsschutz erfordert u.a. die Verwendung unbedenklicher Baustoffe und das Sicherstellen eines optimalen Raumklimas hinsichtlich Temperatur, Luftqualität und Feuchtigkeit, um den Aufenthalt von Menschen zu ermöglichen. Zum Klimaschutz und zur Vermeidung von CO2-Emissionen tragen die Dichtheit der Gebäudehülle und der Einsatz Erneuerbarer Energien bei – beispielsweise für den Betrieb von Wärmepumpen und die CO2-neutrale Stromproduktion mit Photovoltaikanlagen. Zudem spielt die mechanische Lüftung mit Wärmerückgewinnung eine entscheidende Rolle, um Energieeffizienz und Raumklima in Einklang zu bringen.
Hält die Bundesregierung trotz aller geäußerten Bedenken daran fest, den Gebäudetyp E im BGB zu verankern, sollten im Gebäudetyp-E-Gesetz mindestens folgende Punkte beachtet werden:

1.
Aspekte der Gesundheit, der Qualitätssicherung und Langlebigkeit sowie der Nachhaltigkeit bzw. des Klimaschutzes müssen im Gesetzentwurf verankert werden. Es muss ausdrücklich klargestellt werden, dass es sich dabei um „sicherheitstechnische Festlegungen“ handelt und nicht um „Ausstattungs- und Komfortmerkmale“.
2.
Es muss klar definiert und voneinander abgegrenzt werden (Grenzwerte), was „bautechnische Normungen, die sicherheitstechnische Festlegungen enthalten“ sind und was „bautechnische Normungen, die reine Ausstattungs- und Komfortmerkmale abbilden“.
3.
Um widerspruchsfrei von Normen und Richtlinien zu entbinden, müssen in der VOB und in Förderrichtlinien korrespondierende Anpassungen vorgenommen werden.

Berlin, August 2024

 

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